Journalismus lehren?
Der Verfasser hat 25 Jahre den Studiengang Fachjournalismus an der Universität Gießen geleitet. Nebenbei organisierte er zehn Jahre lang für den Hessischen Verlegerverband die überbetrieblichen Volontärkurse und 30 Jahre lang die Jury des Hessischen Jungjournalisten-Preises. Er glaubt überdies als habilitierter Fachdidaktiker generell und systematisch von Lehren und Lernen etwas zu verstehen.
Um so mehr hat er sich immer gewundert, dass es keine Didaktik und Methodik des Lehrens und Lernens von Journalismus gibt. Auf einer Fachtagung des Deutschen Journalisten-Verbandes im Frühjahr 2016 stellte sich durch eine Studie heraus, dass etwa 70 Prozent der Volontärsausbilder in Zeitungsverlagen keine Ausbildung als Lehrer haben. Sie leben von „Erfahrungen“, die nicht systematisch reflektiert sind und wohl eher Erlebnisrückstände darstellen. In den Volontärkursen des Verfassers traten in aller Regel Praxisexperten auf. Sie erzählten meist unterhaltsame Episoden aus ihrem Berufsleben ohne systematische Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.
Diese Art praktische Ausbildung irritiert u.a. insofern, als selbst sehr erfolgreiche Fußballer, die Fußballlehrer bzw. –trainer werden wollen, eine mehrjährige systematische und praktische Ausbildung machen müssen, den systematischen Teil an der Sporthochschule Köln.
In der deutschen Volontärs-Ausbildung lebt offenbar immer noch das alteuropäische Modell „mitmachen und nachahmen“ weiter. Das dürfte heutzutage nicht mehr hinreichen – angesichts der „Paradigma“-Veränderung im Journalismus.
Autor: Siegfried Quandt